Über Gewinner – und das Challenge-Gen, wo HSPler anders-sensibel sind und warum.

Anmerkung: Die Wörter Gewinner-Gen und Challenge-Gen sind unwissenschaftliche Wortschöpfungen und dienen nur der Erklärung, es geht um verschiedene Wahrnehmung von Spiel und Herausforderung.

Der hochsensitive Mensch wird gerade erst erforscht.
Ein wenig geforscht habe ich auch für diesen Beitrag, in dem ich mehrere Hochsensible zum Thema befragt habe. Ich danke Euch, für Eure Antworten und Offenheit Ihr habt diesem Beitrag Sicherheit und viele neue Fragen gegeben. Einiges hat sich bestätigt, dann gab es Abweichungen, falls jemand dazu bereit wäre, eine sachliche wissenschaftliche Studie anzulegen, wäre ich gern Mitideengeberin, mir fehlt da, das Studium und die Zeit doch mein Interesse ist gewachsen. Gleichzeitig stellt sich bei der Evaluation das Problem dar, der „selbst ernannten Hochsensiblen“. Auf die Maskenträger komme ich, ein paar Zeilen weiter unten, zurück.

Forschungsstand

Manche These ist nicht spezifisch auf das Persönlichkeitsmerkmal zurückzuführen, andere unterschreibe ich sofort. HSPler sind unterschiedlich stark ausgeprägt, Tests noch nicht ausgereift und so tappen wir mit dem Schreiben darüber in Neuland und können nur aus bisherigen Veröffentlichungen und Selbsterfahrungen schöpfen. Um so eine Selbsterfahrung soll es in diesem Beitrag gehen. Guten Tag ich bin HSPler und irgendwas stimmt nicht mit meinem Challenge-Gen/Gewinner-Gen.
In der Vorbereitung zum aktuellen Buch im #SchutzgartenBuchklub, Graig Malkin „Der Narzissten-Test“, habe ich den Test für mich beantwortet und bin dabei über eine Frage gestolpert, die mich hier herbrachte! Es ging dabei um das Thema gesunder Narzissmus und empfundener Stolz bei höherer geleisteter Anstrengung. Da spaltete sich meine Wahrnehmung, denn was ist genau dieser Stolz? Ich begann mich umzuhören und stellte fest: Was für die einen natürlich ist, ist bei mir irgendwie wie vergiftet, fühlt sich ungesund an, bringt mich in moralische Konflikte.
Warum lehne ich das Wort schon ab? Was hat das mit mir zu tun und wieso sollte mich es stolzer machen, mein bestes zu geben? Da erinnerte ich mich an eine Unterhaltung, in der mir eine gute Freundin nahe legte: “Manja immer gibst Du 100 %, da liegt Dein Problem. Viele Menschen sind so nicht! Ich gebe immer erst mal 60-80 %. Was machst Du denn, wenn jemand sagt, streng Dich mal an?“

Dann gebe ich 120 % und mehr und gerate unter Druck, manchmal ohne es zu merken! Seitdem habe ich mich viel mit Energie beschäftigt und mittels dem Birkenbihl-Tipp ein Energiediagramm anzulegen und anderen Methoden, es visuell zu machen, kann ich jetzt genau schauen, wo die Energie hinfließt und wie viel. Doch mache ich etwas aktiv oder passiv, gebe ich mich der Sache hin, immer noch zu 100 % und das kann wunderbar im Flow wirken oder eben in die Hose gehen, das heißt ich power mich aus, liege dann erst mal flach und werde von meinem Körper zum Rückzug gezwungen. Burn-out Minimalis nenn ich das.
Doch wie war das mit dem Stolz?

Ich habe ihn nicht gefunden, es fühlt sich wie ein Gift an. Natürlich kann ich Erfolge feiern, doch spüre ich eher eine Demut, Dankbarkeit und am liebsten im Sinne der Kohärenz statt Konkurrenz. Stolz ist das Gegenteil von Scham vielleicht liegt es daran.

Die Sache mit der Konkurrenz hat es mir vielleicht versaut?!

Dieses Höher-schneller-weiter-Denken, das Challenge-Gen, Machogehabe, ist bei mir mutiert.
Dazu eine persönliche Erfahrung, die ich mit sieben Jahren erlebte.

Es ging um eine Hauptrolle in einem Ballettstück, die es zu besetzten galt. Die Wunscherfüllung meiner Kindheitsträume. Die Merkwürdigkeit des Lebens brachte meine besten Freundinnen aus der Tanzgruppe und mich auf diese „Ehrenposition“, dafür infrage zu kommen.
Es folgte wochenlanges Training, Proben, Kostümschneidern, noch mehr Proben bis, bei uns jeder Schritt saß. Mein größtes Problem zu der Zeit war meine lebendige Angst gegenüber einer Figur aus dem Stück. Das Stück hieß, Geschichten vom Häschen ein Ballett für Kinder und eine dieser war die Geschichte vom Angsthasen. Ich lernte die Rolle, des kleinen Ullihasen und mein Problem real und in der Geschichte war der Fuchs. Schon als Zuschauerin rief ich, wie die meisten anderen Kinder aus dem Publikum, zum Ullihasen „Renn, der Fuchs kommt!“ Viele Albträume und eine Konfrontationstherapie später habe ich mich sehr gut mit dem Fuchs verstanden, auf der Bühne hab ich mir fast jedes Mal noch eingemacht, doch am Ende rettete mich der Angsthase und alles war gut.
Zurück zu den Freundinnen, die alle in meinen Augen die Rolle drauf hatten und nun bereit waren diese Rolle zu tanzen. Statt uns abzuwechseln, gab es eine Hauptbesetzung und mehrfache Nebenbesetzung. Noch heute finde ich diese Entscheidung ungerecht und doch werden genau so, weltweit, jeden Tag Entscheidungen getroffen.
Ich habe Doppelvorstellungen getanzt und es war wunderschön, doch das war nur bedingt ein Gewinn, denn meine Freundinnen hatten genauso das Zeug dazu und ich trug somit ihre blockierte Chance und Träume mit, und das wiederum wollte keiner verstehen. „Freu dich doch!“ funktionierte nicht.

Diese verbreitete Art, des Gewinner-Gens, wird wohl bei den meisten Menschen stark aus dem Reptiliengehirn gespeist. Überlebensmodus. Angriff. Darwinistische Strategie. Möge der/die Bessere gewinnen. Geld, das Siegertreppchen als Machtposition, Klickzahlen als Reichweitemesser, Einzelziele, Klassenspiegel, über dem Durchschnitt.

Genauso hoch die Enttäuschung nicht zu gewinnen, es wird so eine Art Inner Monkey erzeugt, der das Denken und Handeln übernimmt. Neid und Eifer führen das Kommando.

Der Hspler spielt mehr des Spieles wegen. Hat einen Wohlfühl- und Fairnessanspruch, die persönliche Sicherheit finden sie eher in der Gemeinschaft, statt im Einzelziel. Regeln sind superwichtig sowie Chancengleichheit. Austesten dürfen, sich und andere erkennen. Das ist nicht gerade das typische Gewinner-Gen, das wird eher zur Prinzessin auf der Erbse, für das höhere Ziel – Syndrom.

Luca Rohleder, Autor und HSP JobCoach sowie Gründer des Netzwerks „Hochsensibilität & Selbstständige“, www.HochsensiblePersonen.com  schreibt dazu:

„Wir haben kein Gewinner-Gen. Das ist uns völlig egal. Nichtsdestotrotz werden wir damit konfrontiert, wenn wir unseren Unterhalt verdienen müssen. Unabhängig davon, wir möchten Lebenslust empfinden. Das ist kein Gefühl, was aufgrund erbrachter Leistung zustande kommt, sondern durch Emotionen für das Jetzt und dem Glauben an sein Höheres-Ich oder an eine sonstige höhere Instanz.“

 

Challenge, die direkte Herausforderung.

Challenge und Wettbewerb überall. Zum guten Zweck, Mutproben, Fitness, Wellness, Blödheitschallenges.
Für den HSPler ist das Leben 24/7 eine Challenge. Wird es zuviel lauern die Angriffe in jeder Kritik, besonders je unsachlicher und unkonstruktiver und beleidigender sie wird. Genau das macht diese Welt für alle Menschen auf Dauer anstrengend. Doch fällt mir auf, es gibt viele, die Suchen genau das …

Womit man selten Ablehnung erfährt, ist die Challenge. Wer fragt, der führt. Nervenkitzel.
Irgendjemand kann was nicht, weiß was nicht … da kommen manche richtig in Fahrt, sich selbst darzustellen. Vom harmlosen Quizduell und Spielrunden, zu unmenschlichen Vergleichen und Herausforderung.

Ego vs höheres Bewusstsein.

Da mach ich dann gerne dicht, bin das Weichei oder die Schwache und beweise mir selbst jedoch innere Achtsamkeit und Stärke, denn ich habe dieses Challenge-Gen nicht und fordere ständig unbewusst, mit dem „anders“sein andere heraus. Und doch freu ich mich auch, wenn ich mal gewinne.

Für ca 85-80 % der Menschen kommt das ja auch schräg, wenn da jemand so sensibel, intensiv wahrnehmend, behauptet er hätte, was, was nicht alle haben. Gerade wenn der Begriff „hoch“ fällt, springt bei Vielen das Challenge-Gen an.

Es sollte „anders-sensibel“ heißen, ich denke, da wären es weniger, die sich das Merkmal anheften wollen.

Wo wir wieder bei denen sind, die es als Maske nutzen.
Gerade bei dem Persönlichkeitsmerkmal der Hochsensitiven ist Narzissmus (gesund/krankhaft) schwer verständlich, ohne Wissen und das Bild dahinter und dann verhält es sich, wie in der Politik: je weiter links man steht, desto mehr rechts gibt es.

Deswegen bin ich davon überzeugt das mit dem Erkennen der Regeln, des falschen Spiels und Spielzieles, hochsensitive Menschen aus einem Opferkreislauf leichter heraustreten können und bereiter sind, die persönliche Schmerzchallenge zu 100 % anzunehmen, als Menschen mit dem natürlichen Gewinner und Challenge Gen. Diese neigen zuerst reflexartig, das Spiel mit den verstandenen Regeln spielen zu wollen. Gewinnen zu wollen.

Ist das überhaupt menschlich? Wäre die Kohärenz nicht der Schlüssel für ein gemeinsames Miteinander, gemeinsam Wachsen wichtiger, als der individuelle Fortschritt und Leistung?

Macht Erfolg einsam?

Einige ja andere nein. Doch ein paar stehen selbstvertretend für die Mythologie an den Erfolg zu glauben, wäre das höhere Ziel.
Robin Williams, Amy Winehouse, Chris Cornell, Whitney Houston, George Michael, Michael Jackson, Marilyn Monroe, Elvis Presley, Robert Enke, Sylvia Seidel.

Brauchen wir den Druck der 100 %, kann es denn nicht als unsere freie Energiequelle gesehen und doch achtsam behandelt werden? Heißt verstehen, wie krankhaft und belastend die Spielregeln der Narzissten und der Höher-schneller-weiter-Challenge ist, nicht zwangsweise sich dem Druck sicherheitshalber entziehen zu wollen, sich zu schützen? Ich für meinen Teil möchte jedem Hochsensitiven mitgeben: Es ist okay, Du darfst Dich dafür entscheiden, da nicht mitzuspielen.

Wir wissen in vielen Bereichen noch nicht, warum Menschen fühlen, handeln und einige abticken und doch fliegen welche von uns zum Mond und andere denken, das wäre nie passiert und andere denken, dass dies andere denken, wäre abstrus. Hand hoch, wer war von Euch schon da oben!? Oder ist oben nur unten?
Aber ja auch da wären wir wieder bei der Challenge, die uns so nicht weiter bringt.
Konzentrieren wir uns als Menschen auf Ziele aus falschen Motivationstheorien heraus?
In wenigen Wochen findet die Qual der Wahl statt, lasst uns da doch mal schauen, wie Gewinner und Challenge-Gene so wirken, auf uns und andere. Gerade die Demokratie wird stetig von Gewinnern und Challenges ausgehöhlt.

Ich bin gespannt auf weitere Meinungen, Erfahrungen und Austausch.

Die Schutzgärtnerin
Manja Kendler
Juli 2017
Alle Rechte vorbehalten
Ich bedanke mich für den Gastkommentar bei Luca Rohleder.

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4 Kommentare zu „Über Gewinner – und das Challenge-Gen, wo HSPler anders-sensibel sind und warum.

  1. Die Kunst ist es, dass alle Menschen sich selbst in ihrer unterschiedlichen Wahrnehmungsstärke erkennen und akzeptieren – als auch die anderen Menschen respektieren und sie selbst sein lassen. Ihnen die Chance geben, anders zu sein als man selbst.
    So erhält man die Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren und die eigenen Talente als auch die der anderen nutzbringend einzusetzen.

    Leichter geschrieben als getan.

    So. 🙂

    Danke für deine treffenden Worte!

    Liebe Grüße,
    Julia

    Gefällt 5 Personen

  2. Liebende geschützter Gärten

    Stolz ist dem Egowörterbuch entlehnt
    Ein Ich ist selbtbewusst und kennt dankbare Freude
    Nimmt Anerkennung in Demut nährend an

    Das Ego suhlt sich stolz im Hochmut leistungsstärker als die
    Anderen Schwächlinge zu sein…

    Stolz ist mir fremd
    Selbst der angeblich stolze Pfau ist nur ein mißbrauchter Projektionsträger
    Er zeigt Sein prächtiges Federnrad wie je eine bescheidene Blume
    Ihre Blüte in den Himmel hält

    dankend
    Dir Joaquim von Herzen

    Gefällt 2 Personen

  3. Beim Kindergarten-Fasching sollte der mit dem besten Kostüm, König werden. Als die Wahl auf mich fiel, hab ich bitterlich geheult, und ein anderer wurde gekrönt.
    Und noch heute bedeuten mir Titel, Positionen und Privilegien recht wenig.

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